Wanzen und Verwandte

Jeder kennt Wanzen als unangenehme Bettgenossen. Draussen haben sie viele Verwandte, die sich hauptsächlich von Pflanzen ernähren. Man würde sie für Käfer halten, hätten sie nicht den typischen kurzen Hals, einen Saugrüssel, einen dreieckigen Rückenschild und zum Teil häutige Flügeldecken.

Leptoglossus gonagra Bauchseite

Tatsächlich steht das englische Wort „Bug“ für Käfer und für Wanzen. Bei Käfern ist allerdings der Brustteil deutlicher erkennbar, die Flügeldecken sind durchgehend hart und sie haben keinen Saugrüssel. Die Vorderflügel der Wanzen sind nur in zwei Dritteln verhärtet, während das hintere Drittel den häutigen Hinterflügeln ähnelt. Die Larven ähneln teilweise sehr stark den Erwachsenen, aber die Flügel wachsen erst nach und nach.

Wanzenfamilien

Camptotus lateralis

Zu den Krummfühlerwanzen (Alydidae) gehört die Art Camptopus lateralis (14 mm), die sich auf vielen Wirtspflanzen ernährt. Mit vielen Dornen und den gezackten und verdickten Hinterbeinen sehen sie etwas abschreckend aus, sind aber auf Pflanzensäfte spezialisiert.

 

 

Anthocoridae (Blumenwanzen) Oxycarenus lavaterae. (5 mm)

Die eher unscheinbaren Blumenwanzen ((Anthocoridae) Orius sp. und andere) sind dagegen Räuber kleiner, nicht allzu stark gepanzerter Insekten und werden zur Bekämpfung verschiedener Schädlinge (unter anderem der weissen Fliege) eingesetzt.

Allen bekannt sind die Plattwanzen (Cimicidae) zu denen die Bettwanze (Cimex lectularius) gehört. Andere Arten dieser Familie parasitieren auf verschiedenen Fledermäusen und Vögeln.

Coreidae (Lederwanzen) Centrocoris variegatus

Zu den Randwanzen oder Lederwanzen (Coreidae) gehört die Art Centrocoris variegatus. Sie wird etwa 10 mm lang und ist bräunlich-gelb gefleckt. Auf dem Foto ist deutlich der unter dem Kopf flach angelegte Stechrüssel zu erkennen.

Leptoglossus gonagra

Leptoglossus gonagra (=Leptoglossus membranacea) ist die mit bis zu 20 mm grösste kanarische Wanzenart, die sich gelegentlich in grosser Zahl auf verschiedenen Pflanzen blicken lässt und sonst eher in tropischen Bereichen verbreitet ist. Vielerorts gilt sie als Schädling für Zitrusfrüchte und Kürbisgewächse.

 

Rückenschwimmer (Notonecta canariensis)

Zu den vielen verschiedenen räuberischen Wasserwanzen (Nepomorpha) gehören neben den Wasserskorpionen die Rückenschwimmer (Notonecta canariensis). Zur Atmung unter der Wasseroberfläche nutzen die ersteren eine am After ansetzende “Atemröhre” während die letzteren sich einen Luftvorrat mitnehmen. Rückenschwimmer können auch fliegen, müssen jedoch zuerst ihre Flügel trocknen.

Teichläufer (Hydrometra stagnorum), Zapatero común

Der gemeine Teichläufer (Hydrometra stagnorum, Zapatero común, 11 mm) ist an Wasserläufen mit ruhigen Abschnitten oder an Wasserspeichern häufig zu finden. Dank seinem sehr stark verlängerten Kopf ist er leicht zu erkennen. Die langen dünnen Beine ermöglichen ihm das Laufen auf der Wasseroberfläche, er geht aber auch etwas abseits des Wassers auf die Jagd nach kleinen Insekten, welche er mit seinem auf dem Bild deutlich erkennbaren ausklappbaren Saugrüssel erbeutet. Nur wenige Exemplare bilden richtige Flügel aus und können so den Sprung von einem Gewässer zum nächsten bewältigen.

Wasserläufer (Gerris thoracicus)

Die Wasserläufer (Gerris thoracicus) jagen auf ruhigen Gewässern ruckartig „gestrandeten“ Insekten hinterher, die sie dann mit ihren langen Vorderbeinen halten und durch den Saugrüssel aussaugen. Ein dichter Pelz aus wasserabweisenden Haaren verhindert das Einsinken der Beine durch die Wasseroberfläche.

 

 

Pandur (Spilostethus pandurus)

Die schlanken Bodenwanzen oder Langwanzen (Lygaeidae) bilden eine der am weitesten verbreiteten Familien der Wanzen (Die deutsche Ritterwanze gehört hierher). Die Art Spilostethus pandurus (siehe auch Topfoto) ist sehr häufig zu finden, vor allem in der Nähe von Anbaugebieten aller Art, wo sie sich von Pflanzensäften ernähren.

 

Feuerwanzen (Scantius aegyptius) Erwachsene und Nymphen

Die tropischen Feuerwanzen (Pyrrhocoridae) sind ebenfalls langgestreckt, sie unterscheiden sich von der vorigen Familie durch die Tatsache, dass sie keine Punktaugen neben den Facettenaugen besitzen. Wie auch die Art Scantius aegyptius sind sie oft auffällig rot gefärbt was ihnen wohl den Namen gegeben hat. Zu ihrer Verteidigung sondern sie eine stinkende Flüssigkeit ab. Ihre Ernährung reicht von Pflanzensäften über kleine Insekten bis zu Aas.

Grüne Reiswanze (Nezara viridula), Chinche verde

Eine weit verbreitete Familie sind die schildförmigen, meist mit Stinkdrüsen ausgerüsteten Baumwanzen (Pentatomidae). Die grüne Reiswanze (Nezara viridula, Chinche verde) findet man vor allem auf Euphorbien, die Streifenwanze (Graphosoma interruptum, Chinche Pijama, 14 mm) ist vor allem auf Doldenblütern wie Fenchel und Dill zuhause, an deren Samen sie saugt. Für Baumwanzen ganz untypisch überzieht der dreieckige Nackenschild (das Schildchen) die ganzen Flügel.

Streifenwanze (Graphosoma interruptum) Chinche Pijama,

Die Raubwanzen (Reduviidae, leider keine Fotos) ernähren sich räuberisch und töten ihre Beute mit Gift. Auch für den Menschen ist der Stich, beispielsweise von der Staubwanze (Reduvius personatus, ihre Larven tarnen sich mit Staub und anderem), recht schmerzhaft. Auf der anderen Seite vertilgen sie viele Schädlinge.

Andere Schnabelkerfe

Wie die Wanzen sind die Pflanzenläuse und die Zikaden mit stechend-saugenden Mundwerkzeugen ausgestattet und zählen mit diesen zu den Schnabelkerfen.

Pflanzenläuse (Sternorrhyncha)

Larven der weissen Fliege (Aleurodicus dispersus)

Viele der hier vorkommenden Pflanzenschädlinge sind in dieser Gruppe der “Brustrüssler” zu finden. Ihr Name bezeichnet die zurückgesetzte Position ihres Saugorgans. Man kann bei ihnen komplexe Lebenszyklen und vielfältige Strukturen mit Anpassungen an jede Lebenslage beobachten, aber hauptsächlich rücken sie in das Zentrum unserer Aufmerksamkeit, weil sie echt nerven. Einige schädigen nur als Parasiten durch die direkte Aufnahme von Pflanzensäften, andere durch die zusätzliche Übertragung von Speichel oder Viren oder durch Gallbildung.

Viele dieser Läuse geben einen Teil des Pflanzensaftes als kohlenhydratreichen Honigtau wieder ab, der obendrein noch schädliche Pilze anzieht. Meist pflanzen sie sich über mehrere Generationen partenogenetisch fort und wechseln dann bei Überbevölkerung oder drohender Gefahr die Strategie und produzieren flugfähige und geschlechtliche Individuen.

Läuse auf Frucht (Aphis nerii), Pulgón

Viele verschiedene Arten, darunter die weisse Fliege, die Cochenille-Läuse und den Blattläuse findet man auf den Kanaren.

Mottenschildläuse (Aleyrodidae)

Die weisse Fliege (Aleurodicus dispersus) ist sicher einer der hartnäckigsten Schädlinge auf den Kanaren. Vor allem ist er für die Bevölkerung präsent, weil er auch viele der Bäume in Park- und Gartenanlagen befällt und zusätzlich Honigtau absondert, der die Umgebung verklebt und schädigende und unansehlichen Pilzbefall provoziert.

Blattläuse (Aphididae)

Die zu den Röhrenblattläusen gehörenden Oleanderblattläuse (Aphis nerii, Pulgón, 5 mm) sind mit zwei langen Auswüchsen am Hinterleib ausgerüstet, über die sie abstossende Flüssigkeiten zu ihrer Verteidigung abgeben können.

Schildläuse (Coccoidae)

Conchenilleläuse mit Männchen (Dactylopius coccus) Cochinilla

Die aus Mexiko eingeführten Cochenilleläuse (Dactylopius coccus, Cochinilla) werden heute noch zur Gewinnung des Farbstoffes Karmin (E-120) gezüchtet, mit dem unter anderem der Campari gefärbt wird. Die gräulichen Kugeln auf dem Kaktusblatt sind die Weibchen, die unter sich schon die Nachkommenschaft platziert haben und aus denen der Farbstoff gewonnen wird. Zum Schutz der Larven wird eine weissliche, wachsartige Substanz produziert. Nur die Männchen haben Flügel, so dass die Verbreitung nur sehr langsam geschieht.

Deckelschildlaus, Männchen und Weibchen (Foto: Leopoldo Moro)

Bei den Deckelschildläusen (Diaspididae) sehen die Weibchen wie flache Verdickungen des Blattes oder Stengels aus, während die Männchen eher an eine sehr zarte kleine Fliege erinnern. Die jungen Weibchen sind noch beweglich und suchen sich eine geeignete Stelle auf der Pflanze, wo sie sich dann festsetzen, ihre Beine verlieren und nur noch fressen. Unter dem Schild legen sie ihre Eier ab aus denen meistens Weibchen schlüpfen. Männchen sind selten und kurzlebig.

Australische Wollschildlaus (Icerya purchasi)

Die Australische Wollschildlaus (Icerya purchasi) tobt sich auf Zitrusgewächsen aus. Im Bild sieht man ein Weibchen mit weissem Eisack, unter dem die bis zu 1500 Eier abgelegt werden. Sie verursachen Verfärbungen und Missbildungen bis hin zum Austrocknen der Pflanzen und produzieren jede Menge Honigtau, der ebenfalls schädliche Pilze anlockt.

Zikaden

Zikade auf Kleeblatt auf Teneriffa

Wer an warmen Sommertagen durch den Wald geht, wird die rhythmischen Laute der Zikaden kennen. Im Unterschied zu denen der Grillen sind die Träller schneller und langezogener.

Zikaden sind durch ihre in Ruhestellung in Form eines Daches zusammengelegten Flügel, ihren Saugrüssel und ihre gute Tarnung gekennzeichnet. Sie saugen an den Leitungsbahnen verschiedener Pflanzen den zuckerreichen Saft. Überschüssiger Zucker wird auch bei ihnen als Honigtau ausgeschieden. Die meisten Arten können auch fliegen, sie bewegen sich aber oft auch laufend oder springend fort.

Schaumzikade auf Teneriffa. Foto Leopoldo Moro

Die Schaumzikaden (Aphrophoridae) erreichen dabei den Weltrekord im Hochsprung im Verhältnis zur Körpergrösse. Wir müssten 200 m hoch springen, um gleichzuziehen.

Der von den Larven produzierte Schaum schützt die Tiere vor allem vor Austrocknung und Temperaturschwankungen, hilft aber auch bei der Tarnung. Auf La Gomera wird bisher nur eine Art erwähnt: Neophilaenus angustipennis. Nahe verwandt ist die deutsche Grasschaumzikade (Neophilaenus lineatus). Schaumzikaden sind an ihrem abgeflachten Kopf gut von anderen Zikaden zu unterscheiden.

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