Gezeiten

Die Gezeiten bestimmen das Leben an der Küste, die Position ihres Handtuches, die Strömungen und vieles mehr. Wie entstehen sie? Was bewirken sie?

Entstehung der Gezeiten

Gezeiten nach Mondphasen

Die Gezeiten sind ein Zusammenspiel der Anziehungskräfte, die der Mond und die Sonne auf die beweglichen Wassermassen der Ozeane ausüben und der Fliehkraft des Rotationssystems Erde-Mond, die sich nicht nur um ihre eigenen Achsen, sondern auch um eine gemeinsame drehen. Die liegt noch im Innern der Erdkugel, aber auf der Seite des Mondes. Dementsprechend entsteht auf der mond-abgewandten Seite ein weiterer Flutberg.

So gibt es zweimal am Tag Ebbe und Flut. Die Sonne verstärkt nur den jeweils ihr zugewandten Flutberg bei Voll- oder Neumond, den Springfluten, oder schwächt die Flutberge bei Halbmond.

Gezeiten auf La Gomera

Gezeiten in San Sebastian am 02.04.2018 aus dem Programm WX-Tide

Die Differenz des Wasserstandes bei Ebbe und Flut beträgt durchschnittlich etwa 1,50 m. Bei extremen Springfluten werden 2,10 m erreicht, während die Nippfluten, jeweils bei Halbmond, mit nur einem Meter Unterschied deutlich kleiner ausfallen. Extreme Nipptiden lassen das Wasser nur 50 cm „nippen“.

Pro Tag verschiebt sich der Höhepunkt bei Flut bzw. der Niedrigwasserstand bei Ebbe, entsprechend der Abhängigkeit von den Mondphasen, um 48 Minuten nach hinten. Alle zwei Wochen wiederholt sich die Phase.

Gezeiten nach Hafenbehörde

Wollt Ihr den Wasserstand wissen, könnt Ihr verschiedene Webseiten konsultieren. Meine Empfehlung: Die Seite der Hafenbehörde. Wenn man auf La Gomera heranzoomt und rechts in der Auswahlleiste „nivel del mar“ auswählt, findet man vier kleine Quadrate. Das im Westen steht für La Puntilla, in unserem schönen Örtchen. Klicke ich es an, erscheint ein Fenster, in dem ich nur noch Gráficos und Todos markieren muss, dann erscheint die beste Wasserstandsansage der Kanaren, sogar mit „Residuo“, den Einflüssen von Strömungen und Wetter.

Zonierung innerhalb der Gezeitenzone

Zonierung der Gezeitenzone: Man erkennt das helle Band der Seepocken sehr gut

Oberhalb der Flutlinie, in der Spritzwasserzone, machen normalerweise nur die Spritzer der Wellen und die Gischt den marinen Einfluss aus. Nur bei Voll- oder Neumond reicht bei Flut der Wasserstand bis in die Spritzwasserzone hinein. Normalerweise findet man hier nur die Strandschnecken und Rennkrabben. In der echten Gezeitenzone kann man noch drei verschiedene Bereiche unterscheiden:
1) Den höher gelegenen Seepockengürtel, dessen obere Wachstumsgrenze
auch die Flutlinie markiert
2) den Teppich kleinwüchsiger Algen der mittleren Gezeitenzone
3) die gelblichen Tange (grosse Braunalgen) des Flachwassers.
In diesem vom Meer beeinflussten Küstenstreifen spricht man von nach oben steigendem Stress durch Umweltfaktoren und von nach unten hin gesteigerter Konkurrenz.

Der Einfluss des Wetters:

Hoher Wasserstand bei auflandigem Wind und niedrigem Luftdruck Ende Februar 2018. Bei Nipptide!

Sowohl der Luftdruck als auch der Wind mit seiner Stärke und Richtung und die Wellen beeinflussen den tatsächlichen Wasserstand zu einem gegebenen Zeitpunkt:

Wenn der Wind auflandig blässt, drückt er das Wasser die Küste hinauf. Der Effekt lässt sich besonders bei Sturmfluten beobachten. Die Verhältnisse sind sicher nicht wie die in der Deutschen Bucht, bei der Wasserstandsunterschiede von bis zu 3 m bei schweren Sturmfluten ausgemacht wurden, aber wahrscheinlich müssen auch wir mit einigen Dezimetern höherem Pegel bei auflandigem Wind rechnen.

Ein Luftdruck von 1000 hPa entspricht etwa dem Druck einer Wassersäule von etwa 10 m Höhe, 1 cm pro hPa. Der hier häufige Wert eines schwachen Hochdruckgebietes von 1030 hPa würde den Wasserspiegel also etwa 30 cm tiefer drücken, als ein schwaches Tiefdruckgebiet von 1000 hPa.

Promenade gesteinigt

So hab ich in Valle Gran Rey, bei hier auflandigem Südwestwind in einer Phase niedrigen Luftdruckes gelegentlich trotz vorhergesagtem Niedrigwasser von nur 0,5 m über dem absoluten Nullpunkt mit meinen Gezeitenzonenexkursionen schlechte Karten, da der tatsächliche Wasserstand 30 – 50 cm höher liegt, also eher wie bei einer minimalen Nipptide…..

Gleichzeitig bedeutet es, dass bei auflandigem Wind und niedrigem Luftdruck die Flut viel höher steigen kann, als vorgesehen.

perfekte Welle

Schwell. Wenn dann auch noch mächtige, kombinierte Wellen aus unterschiedlichen Windsysthemen anrauschen, wird es interessant. Die sich bei übereinanderliegender Amplitude bildenden Wellenzüge grosser Wellen drücken das Wasser landeinwärts. Manchmal steigt der scheinbare Wasserspiegel um 1 m! Schon öfter haben mir Gäste von „Mini-Tsunamis“ berichtet. Je länger die Distanz zwischen den Wellenkämmen, desto grösser und häufiger ist der Effekt zu beobachten.

Hier können 40 cm höherer Wasserstand interessant werden….

Kombinationen: Netterweise kriegen wir die Parameter auflandigen Wind und lange Distanz zwischen den Wellenkämmen bei durchziehenden Tiefdruckgebieten gerne mal in Kombination mit niedrigem Luftdruck serviert.

Die hohen Wellen Ende Februar 2018 kamen gücklicherweise bei Nipptiden und haben doch Steine bis vor das Hotel Gran Rey gespült. Schon 3 Tage später hätte das Wasser noch 40 cm höher gestanden und dann wahrscheinlich unsere Küstenstrasse ernsthaft geschädigt.